Tarifverhandlungen Druckindustrie: Zukunft des Manteltarifvertrags

Mit einer ver.di-Forderung nach 12 % mehr Lohn und Gehalt für 12 Monate war bereits der Start in die Tarifrunde 2024 schwieriger als sonst. Dennoch konnte in der sechsten Verhandlungsrunde im Juni ein wirtschaftlich tragfähiger Lohn-Tarifabschluss erreicht werden. Doch damit ist die Tarifrunde 2024 noch nicht beendet: Im Herbst stehen weitere Tarifgespräche über die Zukunft des seit Jahren zwischen den Tarifparteien umstrittenen Manteltarifvertrags an.

Seit über 10 Jahren dringen die Arbeitgeber darauf, das seit 2006 unveränderte Tarifwerk zu modernisieren. Der BVDM hatte 2018 nach jahrelangen, ergebnislosen Gesprächen mit ver.di schließlich den Manteltarifvertrag (MTV) und dessen Anhänge gekündigt. In den nachfolgenden Tarifabschlüssen 2019, 2020 und 2022 hatten BVDM und ver.di jeweils MTV und Anhänge für bestimmte Zeit wieder in Kraft gesetzt, um parallel in etlichen Runden über Reformen zu verhandeln. Auf Grund fehlender Kompromissbereitschaft der Gewerkschaft sind diese Gespräche jedoch gescheitert.

Im Tarifabschluss 2022 hatte sich ver.di zu Gesprächen über eine Reform der in den Anhängen zum MTV geregelten Besetzungsregeln verpflichtet. Ziel des BVDM in den Verhandlungen war, mehr Gestaltungsspielräume auf betrieblicher Ebene zu schaffen und insoweit auf die in vielen Betrieben tatsächlich praktizierten betrieblichen Regelungen zur Maschinenbesetzung abzustellen. Da ver.di jedoch nicht bereit war, die veralteten Besetzungsregeln an den Stand der Technik anzupassen, wurden die Reformgespräche erneut ergebnislos beendet.

Gemäß der Vereinbarung aus dem Tarifabschluss 2022 enden der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie und seine Anhänge am 31. Oktober 2024.

Ver.di strebt unbefristete Verlängerung des MTV und Arbeitszeitverkürzung an In einem Schreiben, das die Gewerkschaft dem BVDM Anfang September 2024 zugesandt hat, fordert ver.di nunmehr die unbefristete Verlängerung des Manteltarifvertrages und seiner Anhänge über den 31. Oktober 2024 hinaus.

Daneben hat ver.di mehrere „Erwartungen“ formuliert, die sich vorrangig um das Thema Arbeitszeit drehen. Dabei geht es zum einen um die Absenkung der Arbeitszeit in den neuen Bundesländern von bisher 38 auf 35 Stunden pro Woche.

Zum anderen will ver.di über „Maßnahmen zur Abmilderung der besonderen Belastungen durch Schichtarbeit“ diskutieren und nennt dabei Arbeitszeitverkürzungen bzw. Ausstieg aus der Schichtarbeit mit Teillohnausgleich sowie Altersteilzeit.

Ferner strebt ver.di an, „ausgewählte Tarifregelungen“ für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, sie also auch auf nicht tarifgebundene Betriebe zu erstrecken.

Ver.di-Forderungen gehen in die falsche Richtung Viele Unternehmen empfinden die tariflichen Regelungen als zu starr und angesichts der veränderten technologischen und wirtschaftlichen Realitäten der Branche nicht mehr zeitgemäß. Veraltete Maschinenbesetzungsvorschriften, unflexible Arbeitszeiten sowie Zuschläge weit über den steuerlichen Freibeträgen schaden Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb bestehen müssen und schrecken mehr und mehr Arbeitgeber von einer Tarifanwendung ab.

Die Vorstellungen der Gewerkschaft gehen daher aus Sicht des BVDM in die falsche Richtung. Eine einseitige Veränderung des MTV zu Lasten der Arbeitgeber ist aus Sicht des BVDM inakzeptabel. Arbeitszeitverkürzungen mit Lohnausgleich können sich die Betriebe der Branche schlicht nicht leisten. Gespräche zur Arbeitszeit müssten eher die Abkehr von der starren 35-Stunden-Woche in den alten Bundesländern zum Ziel haben.

Forderungen der Gewerkschaft nach Branchenmindestlöhnen oder allgemeinverbindlichen Arbeitszeitregelungen hat der BVDM bereits in der Vergangenheit eine klare Absage erteilt. Ein Tarifwerk muss so gestaltet sein, dass es auf freiwilliger Basis Anwendung findet. Eingriffe in diese Entscheidungsfreiheit hätten massive Auswirkungen auf die Branche, die angesichts der fehlenden Reformierbarkeit des Tarifwerks nicht zu rechtfertigen wären.

Ausblick Der Sozialpolitische Ausschuss des BVDM wird in seiner Sitzung am 25. September 2024 über die Zukunft des Manteltarifvertrages sowie die Forderungen der Gewerkschaft diskutieren und das weitere Vorgehen der Arbeitgeber abstimmen.

Ein erstes Spitzengespräch zwischen BVDM und ver.di wird am 26. September 2024 stattfinden.

Bis Ende Oktober 2024 sind die tariflichen Regelungen des Manteltarifvertrages und seiner Anhänge weiterhin in Kraft.

Ab dem 1. November 2024 gelten die Regelungen weiter, bis sie durch neue Vereinbarungen ersetzt werden. Diese Nachwirkung gilt zum einen in tarifgebundenen Betrieben, sofern der Arbeitnehmer Gewerkschaftsmitglied ist.

Darüber hinaus kann sich die Nachwirkung aber auch aus den arbeitsvertraglichen Regelungen ergeben, je nachdem wie entsprechende Verweisungsklauseln auf Tarifverträge gestaltet sind.

Bei Fragen zu den rechtlichen Auswirkungen auf Ihren Betrieb und bestehende Handlungsmöglichkeiten wenden Sie sich bitte an Ihren Landesverband.

Auf Grund der geltenden Schieds- und Schlichtungsordnung gilt bis Ende November 2024 Friedenspflicht. Vor dem 1. Dezember 2024 darf die Gewerkschaft daher nicht zu Streiks in Sachen MTV aufrufen.